WER WAR EIGENTLICH JOHANN BALTHASAR NEUMANN?
01.08.2013
bis: 29.09.2013 In der Kategorie: HISTORISCHE VERBINDUNGEN UND ZUSAMMENHÄNGE | autor: Cheb 2013 |
Das berühmteste Egerer Stadtkind, Johann Balthasar Neumann (1687-1753), war ein Genie seiner Zeit. Der Architekt des Barock und Baumeister von europäischer Bedeutung wurde in Eger in einer in bescheidenen Verhältnissen lebenden Familie geboren (als siebtes von neun Kindern der Tuchmacherfamilie). Sein Patenonkel, Balthasar Platzer, der hiesige Glocken- und Metallgießer beeinflusste dann seine Kindheit beträchtlich. Im Jahre 1700 tritt Neumann eine Lehre bei ihm an und im Jahre 1711 erwarb er seinen Lehrbrief für Glocken- und Kanonengießer. Wie zu damaligen Zeiten üblich, „wandert“ er als Geselle außerhalb der Geburtsstadt los. In der Glocken- und Kanonengießerei des Meisters Ignaz Koppa im fränkischem Würzburg bekommt er eine Stelle. Hier lernte er den Ingenieur, den Hauptmann Andreas Müller, eine für Neumanns weiteres Berufs- und Privatleben sehr wichtige Person, kennen. Müller erkannte nämlich sein herausragendes Talent und gab ihm Geometrie-, Geodäsie- und Mathematik- und später auch zivilen und militärischen Baukunstunterricht. Es ist noch zu bemerken, dass sich am erfolgreichen Studium des jungen Neumanns auch seine Geburtsstadt Cheb/Eger beteiligte – die Stadträte kamen seinem Gesuch entgegen und stellten, trotz nicht leichten Zeiten, Geld für ein Darlehen für sein Studium aus der Stadtkasse zur Verfügung, das Neumann zum „Einkauf von Büchern, Reißzeug und Werkzeugen“, wie er dem Stadtrat in seinem Brief mitteilte, benutzte. Das Darlehen von 125 Gulden zahlte Neumann der Stadt ordentlich zurück. Unter dem Einfluss seines Lehrers und Freundes Andreas Müller entschied sich Neumann im Jahre 1712 für eine berufliche Karriere beim Militär. Sie ermöglichte ihm eine bessere Selbstrealisierung und solch eine Vorgangsweise war damals bei seinen Architekten-Kollegen üblich. Und er war erfolgreich – vom Adjutant wurde er bald zum Feldwebel der Artillerie in der Schlosskompanie des Würzburger Bischofes ernannt. Ab diesem Zeitpunkt stieg seine Militärkarriere nur noch – im Jahre 1718 wird er zum fürstlichen Ingenieur- Kapitän ernannt, was früher ein gut situierter Posten eines Hofangestellten war, der ihm den Kauf seines ersten kleineren Hauses ermöglichte. Im Jahre 1729 wurde er Oberstleutnant der Artillerie und im Jahre 1741 sogar Oberst der fränkischen Kreisartillerie, womit er den höchsten Rang erreichte.
Das Jahr 1719 bedeutete für Neumann eine Wende in seinem Architektenberuf – obwohl er noch keinen größeren Bau durchführte, wurde er vom neu gewählten Würzburger Bischof Johann Philipp Franz von Schönborn zum Projekt der großzügigen Würzburger Bischofsresidenz berufen. Der unbekannte Baumeister startet seine Zusammenarbeit mit Spitzenarchitekten seiner Zeit – dem Architekten Maxmilian von Welsch oder Lukas von Hildebrandt. Die Zusammenarbeit ist nicht leicht, für Neumann jedoch beruflich überaus wertvoll und im Endergebnis entstand ein einzigartiges architektonisches Werk, das heute in der Liste der UNESCO-Denkmäler zu finden ist.
Neumanns Privatleben war glücklich – er heiratete die Tochter des Geheimen Hofrats Maria Eva Engelberta Schild und aus dieser Ehe wurden insgesamt acht Kinder geboren. Trotz ihrer vielen Mitglieder lebte die Familie in Hülle und Fülle. Der älteste Sohn, Franz Ignaz Michael (1733-1785), folgte seinem Vater als einziger, und zwar sowohl in der Baukunst, als auch in der militärischen Karriere. Nach dem plötzlichen Tod seines Vaters (1753) beendete er einige seiner Entwürfe sowie auch Bauwerke (z. B. die Kirche in der Abtei in Neresheim), in seinen selbständigen Werken werden wir jedoch das Vorbild des berühmten Vaters erkennen.
Werk
Neumanns architektonisches Werk ist sehr umfangreich. Es umfasst Sakralbauten (Klosterkirchen, Kirchen, Basiliken, Kapellen, Kirchaltare…), sowie Profanbauten – Neumann projektiert Wohnhäuser, Brücken, städtische Straßen, Schlösser, Militärfestungen. Er sucht immer neue und ungewöhnliche Lösungsmöglichkeiten. Zu den wertvollsten Bauwerken des sog. dynamischen Barock gehören Kirchen der Benediktinerabtei Neresheim in Baden-Württemberg (1747-1792) und die Basilika-Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen bei Bad Staffelstein in Oberfranken (1743-1772).
Die Würzburger Residenz (1720-1744)im italienisch-französischen Barockstil nach dem Muster des Schlosses Versailles präsentiert den Höhepunkt seines Werks.
Weitere berühmte Werke:
- Abteikirche des Klosters Schöntal (bis 1736)
- Schönbornkapelle im Würzburger Dom (1723 bis 1724)
- Brunnenhalle, Bad Bocklet (1725)
- Pfarrkirche St. Andreas, Retzstadt (1726)
- Maschikuliturm der Festung Marienberg bei Würzburg (1728)
- Rundkirche des Klosters Holzkirchen (1728 bis 1730)
- Kloster Heidenfeld (1723 bis 1733)
- Deutschordenskirche, Bad Mergentheim (1730 bis 1735)
- Wallfahrtskirche des Klosters Gößweinstein (1730 bis 1739)
- Schloss Bruchsal (Treppenhaus, ab 1731)
- Pfarrkirche Hl. Nikolaus, Arnstein (Oberfranken) (1731 bis 1734)
- Tauberbrücke,Tauberrettersheim (1733)
- Schloss Werneck (1733 bis 1746)
- Innenraum der Pfarrkirche St. Paulin, Trier (1734 bis 1757)
- Pfarrkirche St. Laurentius Retzbach (1736 bis 1738)
- Pfarrkirche St. Cäcilia, Heusenstamm (1739)
- Pfarrkirche St. Cäcilia, Saffig (1739 bis 1742)
- Entwürfe für das Neue Schloss, Meersburg (um 1740)
- Schloss Augustusburg, Brühl (Treppenhaus, 1740 bis 1746, Hauptaltar von St. Marien 1745 bis 1746)
- Kreuzkapelle, Kitzingen (1741 bis 1745)
- Kirche des St. Laurentius, Dirmstein (1742 bis 1746)
- Basilika der Abtei Münsterschwarzach (1743)
- Basilika Vierzehnheiligen bei Bad Staffelstein (1743 bis 1772)
- Umbau des Klosters Oberzell, Zell am Main (1744 bis 1760)
- Heilige Stiege der Kreuzbergkirche, Bonn (1746 bis 1751)
- Pfarrkirche St. Michael, Hofheim (1747 bis 1754)
- Stifftsrathaus, Ellwangen (1748 bis 1750)
- Wallfahrtskirche Käppele, Würzburg (1748 bis 1750)
- Gartenpavillon, Randersacker (um 1750)
- Wallfahrtskirche Maria, Limbach (1751 bis 1755)
- Schloss Veitshöchheim (1753)
Neumann und Cheb/Eger
Im Jahre 1713 kehrt Neumann wieder nach Cheb/Eger zurück – dies geschieht wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem Tod seines Vaters. Bei diesem Anlass verkauft er der Stadt Cheb/Eger ein Exemplar seiner genialen Erfindung, des sog. Instrumentum Architecturae. Mit diesem Ereignis hängt die im Rahmen des Ausstellungsprojektes „Natur und Geschichte Cheb/Eger 2013“ von der Stadt Cheb/Eger im Franziskanerkloster veranstaltete Ausstellung zusammen (29.5.-25.8.2013, verlängert bis zum 29.9.2013). Das Instrumentum Architecturae ist ein von Neumann selbst konstruiertes gewisses Messinstrument-Stechzirkel, das die Arbeit der Baumeister mit dem Rechnen und der Proportionalität der Säulenordnung erleichtert. Das Instrument blieb in Cheb/Eger leider nicht erhalten. Ein anderes Original wird im Würzburger Museum aufbewahrt. Obwohl in Europa viele von Neumann durchgeführte Bauwerke stehen, in Cheb/Eger steht leider keines davon. Das einzige in seiner Geburtsstadt umgesetzte Projekt waren damals die neuen Türme der St. Nikolauskirche – der ursprünglich romanische Bau wurde im Stil der Gotik umgebaut und im Laufe der Jahre wurden auch beide Kirchentürme umgestaltet. Mit den ersten gotischen Turmhelmen mit kleinen Ecktürmchen wurde die Kirche nach dem Jahre 1475 ausgestattet. Nach dem Brand im Jahre 1742 entwarf Balthasar Neumann achteckige Glockentürme und einen Turmaufbau mit eleganten doppelten Zwiebelhelmen. Der Nordturm mit einem provisorischen Pultdach blieb unvollendet. Beide Türme wurden jedoch im Jahre 1809 von einem Feuer beschädigt. Im Jahre 2008 ist dem Stiftungsfonds Historisches Eger nach dreijährigen Bemühungen die Sanierung der Türme gelungen, bei der sie ihre ursprünglichen pseudogotischen Helme mit Schieferdächern zurück bekamen. Der Aufwand für die Erneuerung der Helme belief sich auf 9 Millionen Kronen.
Das Elternhaus Balthasar Neumanns stand in der ehemaligen Schiffgasse Nr. 12, wurde aber nach dem Jahre 1960 niedergerissen und heute stehen die Plattenhäuser Nr. 123-127 da und die Straße heißt Smetanova. An der Stadtmauer befindet sich dort, wo Neumanns Elternhaus einst stand, seit 2003 eine neue Gedenktafel.
Im Jahre 2003, im Jahr des 250. Todestages, wurde ihm zu Ehren eine große Ausstellung im Egerer Museum veranstaltet. Die Ausstellung war bis 2007 Bestandteil des Besichtigungsrundgangs des Museums Cheb/Eger. |
Zum selben Jubiläum brachte die Tschechische numismatische Gesellschaft – die Filiale in Cheb/Eger eine Gedenkmedaille des Autoren Zdeněk Kolářský heraus.
Denkmäler und Gedenktafeln
Briefmarken, Banknoten, Gedenkmünzen und Medaillen
- Büste in der Ruhmeshalle in München
- Denkmal – lebensgroße Statuengruppe von Balthasar Neumann und Georg Anton Boxberger (hiesiger berühmter Apotheker) aus dem J. 1937 vom Bildhauer Fried Heuler, Bad Kissingen
- Gedenktafel auf dem Haus in Würzburg
- 25-Pfennig-Briefmarke aus dem Jahre 1961, Serie „Berühmte Deutsche“
- Banknote im Nominalwert 50 DM, ab 1991, letzte, vierte Serie
- Gedenkmedaille von Zdeněk Kolářský, Herausgeber – Tschechische numismatische
- Gesellschaft – Filiale Cheb/Eger im Jahre 2003 anlässlich des 250. Todestages
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